WIR SIND DANN WOHL DIE ANGEHÖRIGEN
Film-Nr.: 17835
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Genre: Drama
Genre: Historie / Kostüm
Genre: Biopic (Portraits)
Genre: Crime
Genre: Familie
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WIR SIND DANN WOHL DIE ANGEHÖRIGEN

WIR SIND DANN WOHL DIE ANGEHÖRIGEN (Originaltitel)

Deutschland - 2022

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Hans-Christian Schmid
Darsteller: Claude Heinrich, Adina Vetter, Justus von Dohnányi, HansLöw, Yorck Dippe, Ennno Trebs
Drehbuch: Hans-Christian Schmid, Michael Gutmann, Johann Scheerer

Sprache: Deutsch
Untertitel: Englisch, Deutsch für Hörgeschädigte
Laufzeit: 114 Min.
Altersfreigabe FSK: ab 12 Jahre
Bildformat: 2.00:1
Tonformat: Dolby Digital 2.0, Dolby Digital 5.1
Features: Nicht verwendete Szenen; Hörfilmfassung

Der Film basiert auf der gleichnamigen Autobiographie von Johann Scheerer, dem Sohn von Ann-Kathrin Scheerer und Jan Philipp Reemtsma. Er war dreizehn Jahre alt, als sein Vater am Abend des 25. März 1996 entführt wurde. Schmid erzählt die Ereignisse weniger aus der Perspektive Johanns, sondern arrangiert sie um ihn herum. Am Anfang steht Alltag, der Alltag eines Dreizehnjährigen. Die mit Freunden gegründete Rockband ist ihm wichtiger als Latein, weshalb er Rückstand aufholen muss. Sein Vater, promovierter Literaturwissenschaftler, übt mit ihm Übersetzen und verordnet als Pflichtlektüre bis Ostern »Aeneis«, Vergils Epos vor dem Hintergrund des Trojanischen Krieges. Genervt meint Johann, wozu so etwas lesen, der Autor, die Figuren seien doch schon Tausende von Jahren tot. Aber sie haben einst gelebt, hält sein Vater mit Nachdruck dagegen. Diese Antwort darf man als Schlüssel für den Film und das Filmverständnis von Hans-Christian Schmid nehmen. Per se ist Film Dokument seiner Entstehungszeit, historisch ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung. Und ein Film über eine zeitgeschichtliche Begebenheit ist filmisches Dokument, wie zur Entstehungszeit Vergangenes visualisiert worden ist. Wie hat im Jahr 2022 ein deutscher Regisseur ein bestimmtes soziales Milieu im Deutschland des Jahres 1996 inszeniert, könnte man in zehn, in zwanzig Jahren fragen, und fragen, warum sollte man sich so etwas ansehen. Weil es einst Gegenwart war und filmisch vergegenwärtigte Vergangenheit. Und zudem: Schmids Film ist schlicht und einfach richtig gut in seiner kühl-sachlichen, geradezu soziologischen Art des Erzählens. Etwa wenn sich einer der Polizisten wundert, dass die Familie zwei nebeneinanderliegende Häuser bewohnt, und noch mehr wundert, dass eines davon Arbeitshaus mit Bibliothek ist. Ehefrau und Angehörige des Entführten, der Anwalt der Familie, sie sind gehobenes Bürgertum, selbstbewusst bis hin zur Überhebung. Erpressungsopfer, die keine Opfer sein wollen, und polizeiliche Hilfe, die mitunter unbeholfen gerät, diese Asymmetrie strukturiert die Figurenkonstellation ebenso wie die Phasen des quälenden Wartens auf den nächsten Anruf der Erpresser. (RD)