Film-Nr.: 17821
Genre: Drama
zurück
Genre: Top 10 der Traumathekler 2023 |
VORTEXVORTEX (Originaltitel)Frankreich, Belgien - 2021 DVD - Code 2 - PAL Regie: Gaspar NoéDarsteller: Dario Argento, Françoise Lebrun, Axel Lutz, Kylian Dheret, Corinne Bruand, Vuk Brankovic Drehbuch: Gaspar Noé Sprache: Französisch Untertitel: Deutsch Laufzeit: 142 Min. Altersfreigabe FSK: ab 12 Jahre Bildformat: 2.35:1 Tonformat: Dolby Digital 5.1 Features: Interview mit Gaspar Noé; Trailer Gaspar Noé kann auch anders, sehr anders als in seinen Filmen von MENSCHENFEIND (1998) und IRREVERSIBLE (2003) über ENTER THE VOID (2009) bis zu CLIMAX (2018) und LUX AETERNA (2019), nämlich leise, ruhig, verhalten, keine treibende Musik, kein Bilderwirbel, Rausch der Farben. Zu Anfang ein Video des Schweizer Fernsehens von 1965. Die damals einundzwanzigjährige Francoise Hardy singt das Chanson »Mon amie la rose«, ein Lied über die Flüchtigkeit der Liebe, der Schönheit, des Lebens. Es eröffnet den Grundton des Films. Ein betagtes Ehepaar in einer Dachgeschosswohnung in Paris. Die Zimmer sind reich gefüllt mit dem, was sich in einem intellektuellen Leben seit Mitte der Sechziger angesammelt hat, mit Büchern, Magazinen, Postern, Fotografien, mit Filmen auf VHS und DVD, Musik auf Schallplatte und CD, unweit des Rechners noch eine Schreibmaschine. Er ist Filmkritiker mit einem Herzleiden. Sie war Psychiaterin, nun an Demenz erkrankt. Er arbeitet an einem Buch über das Kino und die Träume. Sie beginnt sich selbst und ihre Umgebung zu verlieren. Die Konstellation gleicht der von Michael Hanekes LIEBE (2012). Die Frau dort, gespielt von Emmanuelle Riva, wird Pflegefall. Ihr Mann, Jean-Louis Trintignant, kümmert sich um sie bei zunehmender Überforderung. Handlungsort auch bei Haneke Paris, eine Wohnung, deren Dinge von lebenslang kultureller Teilhabe zeugen. Der Film ist Kammerspiel und Schauspiel vor statischer Kamera. Noé hingegen verwendet Handkamera, die den beiden improvisierenden Darstellern durch die Zimmer folgt. Anfangs ist das Paar gemeinsam im Bild. Dann, während sie im Nachtschlaf nebeneinanderliegen, teilt es sich. Selten dürfte Split Screen so reflektiert, so existenzialistisch und so bitter konsequent eingesetzt worden sein. In den Hauptrollen Dario Argento, Regielegende des Giallo, und die französische Schauspielerin Francoise Lebrun. ZUSAMMEN IST MAN WENIGER ALLEIN (2007) lautet ein Filmtitel. Noé wie Haneke demontieren diesen Satz als bloße Behauptung. Sie tun dies je auf ihre Art, und haben es bereits bis an die Schmerzgrenze in ihren früheren Filmen getan. In VORTEX und LIEBE zeigen sie die altersbedingte Brüchigkeit des Zusammenseins. Wer in diesen Filmen dennoch Tröstliches gesehen haben will, dürfte einer Selbsttäuschung erlegen sein. (RD) |