AUS DEM NICHTS
Film-Nr.: 16098
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Genre: Drama
Genre: Crime
Genre: Sozialdrama
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AUS DEM NICHTS

AUS DEM NICHTS (Originaltitel)

IN THE FADE (Alternativtitel)

Deutschland, Frankreich - 2017

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Fatih Akin
Darsteller: Diane Kruger, Denis Moschitto, Numan Acar, Johannes Krisch, Samia Chancrin, Ulrich Tukur
Drehbuch: Fatih Akin, Hark Bohm

Sprache: Deutsch
Untertitel: Englisch, Deutsch für Hörgeschädigte
Laufzeit: 102 Min.
Bildformat: anamorph, 2.40:1
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Features: Trailer; Premierenclip

Fatih Akin möchte, inspiriert von den fremdenfeindlichen NSU-Morden, den Schmerz der Hinterbliebenen fühlbar machen. Weniger als „politischer“ Film, sondern als fiktionalisierte, emotionale Studie über das Leiden der Opfer. Aus Schock wird Ohnmacht wird Wut wird Gegengewalt. Er klagt den un-empathischen, rassistischen, nicht nach Gerechtigkeit suchenden Rechtsstaat an und lässt eine weiße, blonde, blauäugige deutsche Frau zornig werden. Diane Krugers Power-Performance schreit nach einer finalen Katharsis. Soweit, so gut, so verständlich.
"Der Film sollte sein wie ein Faustschlag von Bruce Lee: immer den kürzesten Weg zum Ziel nehmen“ sagt der Regisseur. Aber Fatih Akin hat sein Feuer verloren, das lichterloh in seinen explosiven und explorativen Werken wie „Kurz und schmerzlos“ und „Gegen die Wand“ brannte.
Ich fühlte mich zeitweise wie in einem drögen Fernsehfilm von den Öffentlich-rechtlichen. Mit Schuss-und-Gegenschuss soll Tragik spürbar gemacht werden, mühevoll und didaktisch werden Gefühle vermittelt. Dramaturgisch im Dreiakter verordnet, sucht Akin vergeblich ein Gleichgewicht zwischen emotionaler Tragödie, nüchternen Gerichtsfilm und reißerischer Rachephantasie. Ich habe ihn den Freispruch der Nazis nicht abgenommen, fand die scheinbare Notwendigkeit der Darstellung des „vorbildlich resozialisierten“ Türken und lächerlich-steifen TV-Kommissars wenig gelungen und einen theatralischen Selbstmordversuch, der im richtigen Moment (!) gestoppt wird, unangemessen.
Am meisten verärgert hat mich allerdings der mit einer Texttafel am Ende erzeugte Bezug zu den NSU-Morden. Fokussierte sich Fakin vorher scheinbar bewusst entpolitisiert auf das Grauen für die Opfer eines Bombenattentats, mit marginalen Bezug zu Neonazis („die glauben an Hitler“), will er ernsthaft einen gesellschaftlichen Zusammenhang herstellen. Denn die NSU-Morde können nicht nur zu einem Einzelfall degradiert werden, zu einer Frage zwischen Gut und Böse, sie sind der Inbegriff für staatlichen (und gesellschaftlichen) Rassismus. Das Thema der Mitgliedschaft von Neonazi-V-Leuten wird gar nicht angesprochen, das ist erschreckend-dumm, auch wenn Fakin hier die Opfer in den Mittelpunkt stellen möchte.
Und so beutet Akin krass und mainstreamtauglich eine unfassbare politische Brisanz für ein zurecht-konstruiertes Drama aus, das persönlich, trauernd, staatskritisch, kulturell sein will, aber für mich zu vereinfachend und träge daherkommt. Der starke emotionale Eindruck entstand bei mir nur in wenigen Momenten, wäre ohne die glaubwürdig gebrochen wirkende Diane Kruger kaum vorhanden. Denn mittelmäßige Rachedramen, die exakt diese Geschichte x-mal erzählt haben, kenne ich zu genüge. (Oliver Pompejus)