ALLES WAS KOMMT
Film-Nr.: 15625
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Genre: Drama
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ALLES WAS KOMMT

L'AVENIR (Originaltitel)

THINGS TO COME (Alternativtitel)

Deutschland, Frankreich - 2016

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Mia Hansen-Love
Darsteller: Isabelle Huppert, André Marcon, Roman Kolinka, Edith Scob, Sarah Le Picard, Soloal Forte
Drehbuch: Mia Hansen-Love

Sprache: Deutsch, Französisch
Untertitel: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte
Laufzeit: 98 Min.
Bildformat: 1.85:1, anamorph
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Features: Audiodeskription für Blinde; Interview mit Regisseurin Mia Hansen-Love

Was für sich genommen eine elegante, aber doch ein wenig unentschieden wirkende Studie über eine Frau in den Fünfzigern wäre, die alles, was lange, lange Jahre ihren Alltag bestimmte, in rascher Folge verliert und dadurch, wie es scheint, eine ganz ungewohnte Freiheit gewinnt, nimmt sich - durch Besetzungsüberschneidungen, aber vor allem durch ein ähnlich lichtes, transparentes Bild - gut als Hansen-Loves Gegenstück zu APRÈS MAI aus, der überreichen Erinnerung an die Jugend der unmittelbaren Nach-68er, mit der ihr Gatte Olivier Assayas vor wenigen Jahren brillierte: Standen dort Studenten unter dem Stern revolutionärer Aufbrüche, so ist die seinerzeit - man erfährt es nicht - vielleicht wirklich an der Seite ihrer Kommilitonen aufbegehrende Nathalie mittlerweile längst angekommen in der bürgerlichen Existenz, die sie als Philosophielehrerin und Mutter zweier erwachsener Kinder führt; auch ihr Mann, an der gleichen Schule unterrichtend, hat es sich längst behaglich gemacht in der Pariser Wohnung, in der vor allem meterweise Bücherregale auffallen. Und doch ist er es, der mit seiner beiläufigen Bemerkung, Nathalie für eine andere Frau verlassen zu wollen, eine ganze Serie von Ereignissen eröffnet, auf die Nathalie, zunehmend isoliert, zwar irritiert, aber doch merkwürdig gefaßt reagiert?
Wie bei Assayas ist der selbstverständliche Umgang, den die Protagonisten mit Büchern und Musik pflegen, ganz offensichtlich kein Drehbucheinfall, sondern eigene Erfahrung: ob französische Klassiker wie Pascal und Rousseau auf dem Lehrplan oder im Regal stehen oder Neueres wie Levinas und Slavoj ?i?ek, Adorno und Enzensberger zur Hand ist - stets greift Nathalie zum Buch, wenn sie wieder mal ein kleiner Schicksalsschlag ereilt. Welche Lehren sie den klugen Texten für ihr eigenes Leben entnimmt, verrät der Film allerdings nicht: er schaut zu, wie Nathalie durch die Entscheidungen anderer frei fürs Alleinsein wird, scheint es - Isabelle Huppert spielt ihre Nathalie lakonisch reduziert und mit jener spröden Lässigkeit, die einer ungewollt zu neuem Aufbruch Gedrängten gut zu Gesicht steht. - Ein sehr französischer, wortreich-intellektueller Film, der ein schönes Doppel-Programm mit Lelios GLORIA abgeben würde! (Stefan Nottelmann)