SENECA
Film-Nr.: 17916
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Genre: Komödie
Genre: Drama
Genre: Historie / Kostüm
Genre: Satire
Genre: Tragikomödie
Genre: Satire
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SENECA

SENECA (Originaltitel)

SENECA: ON THE CREATION OF EARTHQUAKES (Alternativtitel)

Deutschland - 2023

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Robert Schwentke
Darsteller: John Malkovich, Geraldine Chaplin, Ton Xander, Louis Hofman, Lilith Stangenberg, Alexander Fehling
Drehbuch: Robert Schwentke, Matthew Wilder

Sprache: Englisch, Deutsch
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte
Laufzeit: 108 Min.
Altersfreigabe FSK: ab 16 Jahre
Bildformat: 2.40:1
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Features: Making-Of; Pressekonferenz Berlinale 2023

Seneca. Mutmaßlich im Jahr 1 nach Christi geboren, gestorben im Jahr 64. Zwar durch eigene Hand, jedoch gezwungenermaßen, nämlich auf Kaiser Neros Hinrichtungsbefehl, nicht verhandelbar, überwacht vom Überbringer, einem Legionär. Seneca. Erfolgsautor seiner Zeit. Klassiker späterer Zeiten. Eine der prominentesten Stimmen der stoischen Philosophie. Ihre Prinzipien: Gefühlsbeherrschung, Gelassenheit, Ergebung ins Unvermeidliche, Selbstgenügsamkeit, kurz, Resilienz. Seneca. Erzieher des jungen Nero. Einer der reichsten und zeitweise einflussreichsten Männer Roms. Verfasser von blutrünstigen Tragödien. Seneca also, gespielt von John Malkovich in einer brillanten, makabren Komödie, die als Parabel auf die Gegenwart angelegt ist. Wie Fellini bei SATYRICON (1969) hat sich Schwentke für ein bühnenhaftes Setting entschieden, das zu verstehen gibt: kein Historienfilm. Kaiser Nero wird als Präsident bezeichnet, die Figuren reden in heutigem Jargon, Seneca ausgenommen. Der figuriert als eine Art Steve Bannon, Trumps Wahlkampfleiter 2016, danach für einige Monate Chefstratege im Weißen Haus. Der Seneca, den Malkovich mit Texten von Seneca in Dauerrede verkörpert, ist ein selbstberauschter Intellektueller, nie verlegen um Worte und Weisheiten, rhetorisch mit allen Wassern gewaschen, ein sophistischer Ideenvermarkter, süchtig nach Publikum und Beifall. Im Film bringt er eine seiner besonders grausamen Tragödien zur Aufführung mit der Pointe, dass zwei farbige Sklaven die Mordopfer nicht spielen, sondern kurzerhand erstochen werden. Bühnentod in echt. Snuff Theatre. Da ist man für kurz mittendrin in der Welt von SALÒ ODER DIE 120 TAGE VON SODOM (1975) von Pasolini, pervers gekrönt durch die ethischen Erläuterungen Senecas zu seinem Bühnenspektakel. Nach Erhalt des Befehls, nämlich entweder durch eigene Hand zu sterben oder massakriert zu werden, wird es existentiell für den Stoiker. Malkovich gibt seiner Figur dabei einen Dreh ins Tragikomische. Wer redet, lebt. Und so findet Seneca in seiner Todesfurcht bis zum Schluss letzte und allerletzte Worte. Als wahrer Stoiker zynischer Färbung erweist sich hingegen der wortkarge Legionär, Überwacher des Hinrichtungsbefehls, der zuvor als kaltblütiger Handwerker des Tötens eingeführt wurde. Mit SENECA hat Robert Schwentke strukturell und narrativ die Linie seines abgründigen Films DER HAUPTMANN (2017) fortgesetzt, und zwar absolut beeindruckend. (RD)