Sprache: Deutsch, Isländisch Untertitel: Deutsch Laufzeit: 94 min. Bildformat: 2.35:1, anamorph Tonformat: Dolby Digital 5.1
Ein Muttersöhnchen ist der massige Fúsi eigentlich nicht, auch wenn der gut Vierzigjährige immer noch zuhause wohnt und seine Mutter ihn ziemlich unter ihrer Fuchtel hat: kindlich schlicht geblieben, so langsam im Kopf, daß er selbst auf die harmlos-treffsicheren Fragen einer Achtjährigen mit der Bedächtigkeit tiefschürfenden Nachdenkens antwortet, dabei gutmütig und sanft, ist der unbeholfene Koloss den üblen Späßen seiner Kollegen am Flughafen ebenso wehrlos ausgeliefert wie der Rücksichtslosigkeit seiner Mutter. Erst ein Gutschein für einen Line Dance-Kurs stupst den ungeschlachten Mann hinaus in eine kaum mehr geahnte Geselligkeit, und tatsächlich bittet ihn eine Kursteilnehmerin, die er im Schneetreiben vor ihrer Türe absetzt, mit auf einen Tee hinein?
Ein auf unsentimentale Weise berührendes Meisterstück, das Dagur Kári (NÓI ALBÍNÓI) in enger Zusammenarbeit mit seinem großartigen Hauptdarsteller Gunnar Jónsson sich da in gemächlichem Tempo und unaufgeregtem Tonfall entfalten läßt: die Lakonie der Dialoge ist nicht ganz so auf die Spitze getrieben wie etwa bei Kaurismäki, sorgt aber immer wieder für spröden, oft unerwarteten Witz; das ahnungslos-ungeschickte Anbandeln mit der scheinbar so normalen und lebenslustigen Sjöfn aus dem Tanzkurs, das den in diesen Dingen völlig unerfahrenen Fúsi mehr als einmal in Verlegenheit bringt, geht auf sympathische Weise in Tippelschritthen voran. Und alles ist - durch eine Kamera, die flache Bilder mit ausgewaschenen Farben liefert, in ernüchternde Tristesse getaucht - eingehüllt in die winterliche Trübe Islands, gegen die Fúsi mit seinen Hunderten von Pfunden nur bedingt besser geschützt zu sein scheint als seine Freundin, die sich vor dem Leben auch schon mal im Schrank versteckt?
Skurrile Typenkomödien mit melancholischen Zügen sind ja mittlerweile fast ein Markenzeichen der skandinavischen Filmproduktion, und einzelne Szenen könnte man sich genau so gut in irgendeinem Streifen beispielsweise der Dogma-Regisseure vorstellen: Heavy Metal gegen nächtliche Einsamkeit, das sirrende Modellauto im Schnee. Was Káris Film so besonders macht, ist neben einer äußerst stimmigen, ohne forciert wirkende Kniffe auskommenden Geschichte vor allem die unglaubliche Ruhe, die Jónsson als Kraftzentrum des Ganzen ausstrahlt und die dem Film eine rare undramatische Lauterkeit gibt; kein Sozial- oder Beziehungsdrama, kein Psychogramm eines verschrobenen Außenseiters, sondern die simple Feststellung, daß jemand wie Fúsi halt einfach da ist. Umso schöner, daß das träge Schwergewicht im Verlaufe des Films doch noch Bewegung in sein Leben zu bringen beginnt: die im Wohnzimmer nachgestellte Schlacht bei El-Alamein weist die Richtung? (Stefan Nottelmann)
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