IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS

IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS (Originaltitel)

Deutschland - 2014

DVD - Code 2 - PAL

Johann Radmann, als Staatsanwalt am Gericht in Frankfurt am Main vorwiegend mit Verkehrsdelikten befaßt, ist der Einzige im Kreise seiner Kollegen, der sich der Sache des Journalisten Thomas Gnielka annehmen will, der einen als ehemaligen KZ-Aufseher wiedererkannten Gymnasiallehrer vor den Richter zerren möchte. Mit Ausnahme des Generalstaatsanwalts Fritz Bauer findet der von Gerechtigkeitssinn, aber auch beruflichem Ehrgeiz angetriebene junge Mann nur wenig Unterstützung bei seinen immer weiter ausholenden Untersuchungen, die belegen helfen sollen, daß der Nazi-Scherge des Mordes angeklagt werden kann und die schließlich auf nicht weniger als 8000 potentielle Mörder in Auschwitz hinauslaufen, stößt aber im restaurativen Klima der Ära Adenauer - man schreibt das Jahr 1958 - stets erneut auf abwehrende Reserve, verschleiernde oder verzögernde Amtshilfe, nicht selten auf offene Feindseligkeit - eine nervenaufreibende Arbeit, die auch im Privaten Vieles in Trümmer legt, schließlich aber doch dazu führt, daß im Jahre 1963 gegen Angehörige der Besatzung von Auschwitz ein breit angelegter Prozess eröffnet werden kann?
Ricciarellis wichtiger und passend zum Gedenken an die vor 70 Jahren gelungene Befreiung von Auschwitz herausgekommener Film, der engagierte Aufklärer wie Gnielka und Bauer weiten Teilen des Kinopublikums überhaupt erst bekannt machen dürfte - die Arbeit jener dreier Staatsanwälte, die seinerzeit tatsächlich die Ermittlungen aufgenommen haben, sind in der fiktiven Figur Johann Radmanns zusammengefaßt -, zeigt in jeder Hinsicht, was aufwändige deutsche Spielfilmproduktionen inzwischen von Hollywood gelernt haben: historisch penible Ausstattungsarbeit, gut gesetzte Photographie in matten, entsättigten Farben, die in mittlerweile fast typischer Manier wohl das Grau-in-Grau einer piefig-muffigen Vergangenheit vorführen soll - man denke nur an INSIDE LLEWYN DAVIS der Coen-Brüder -, eine ausgeklügelte (und so manchesmal auch wirklich starke) Dramaturgie, die dem Ganzen eine gewisse Thriller-Atmosphäre gibt. In dieser Hinsicht reicht er fast an den (allerdings deutlich subtileren) DAS LEBEN DER ANDEREN heran. Auch schauspielerisch kann der um Objektivität bemühte und die 50er Jahre in der Tat sehr überzeugend schildernde Film überzeugen, vor allem durch die vom großartigen Alexander Fehling (AM ENDE KOMMEN TOURISTEN) auf den Punkt gespielte aufrichtige Naivität, mit welcher Radmann sich den ungeheuerlichen Geschehnissen nähert - eine der stärksten Szenen sicherlich die Vernehmung der Zeugen -, und mit dem feinen Minenspiel des jüngst verstorbenen Gert Voss (als Fritz Bauer). Stören kann einen allerdings die streicherlastige, sich mehr als einmal unnötig in den Vordergrund spielende Musik, die zeigt, daß man bei allem politisch-aufklärerischen Willen letztlich doch auf große Unterhaltung machen will. Da war Michael Verhoevens kleine Produktion DAS SCHRECKLICHE MÄDCHEN deutlich bissiger? (Stefan Nottelmann)