KÖRPER UND SEELE
Film-Nr.: 16231
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Genre: Drama
Genre: Fantasy
Genre: Romanze
Genre: Berlinale - Goldener Bär - ab 2000
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KÖRPER UND SEELE

TESTRÖL ÉS LÉLEKRÖL (Originaltitel)

ON BODY AND SOUL (Alternativtitel)

Ungarn - 2017

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Ildikó Enyedi
Darsteller: Géza Morcsányi, Alexandra Borbély, Zoltán Schneider, Ervin Nagy, Tamás Jordán
Drehbuch: Ildikó Enyedi

Sprache: Deutsch, Ungarisch
Untertitel: Deutsch
Laufzeit: 111 Min.
Bildformat: 2.35:1, anamorph
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Features: Interview mit der Regisseurin

Ein Schlachthof in Budapest: Endre ist für die Finanzen zuständig, Maria die neue Qualitätsprüferin. In nahen Unschärfen werden aus Lebewesen mit einem Knopfdruck endgültig Produkte, sie werden zerteilt und verwertet. Endre sagt zu einem neuem Hilfsarbeiter, man ginge an dem Job in der Schlachtung zugrunde, wenn man kein Mitleid mit den Tieren habe. Maria greift später in einem Akt der Selbstüberwindung durchs Gatter und fasst in das Fell eines Kalbs. Ihre Aufgaben erfordern Distanz vom Fleisch. In „Körper und Seele“ geht es um die Überwindung von Unnahbarkeit.
Beide Protagonisten haben sichtbare und unsichtbare Gebrechen an Körper und Seele. Endres Arm ist gelähmt, seine Störrigkeit Symptom eines gerochenen Herzens, das sich nicht mehr davon überzeugen lassen will, näher angegangen zu werden. Maria lebt zurückgezogen, ihr Asperger-Leiden macht soziale Situationen für sie zu enormen Herausforderungen. Sie versucht sich mit vorsichtigen Übungen auf Gesellschaft zu konditionieren und bleibt doch allein.
Die Körper zwei Einsamen umkreisen sich langsam, während ihre Seelen bereits zusammengefunden haben. In ihren Träumen begegnen sich Maria und Endre. Als Hirsch und Hirschkuh waten sie durch Schnee, suchen Nahrung, nähern sich zärtlich an. In der Wirklichkeit, in der sozial wie körperlich brutalen Umgebung des Schlachthofs ist es allerdings schwierig, sich nahe zu kommen – wegen ihrer physischen und psychischen Berührungsangst, wegen ihres mangelnden Vertrauens in sich selbst und anderen. Wiederum in Unschärfen inszeniert Ildikó Enyedi ein mal hastiges, mal zögerliches Einlassen auf den anderen.
Über diesen Film zu sprechen, bedeutet zuweilen, das Vokabular der Esoterik zu bemühen. Bei Stoffen, die den magischen Realismus touchieren mag das unerlässlich sein, darf hier aber nicht auf eine falsche Fährte führen: Der Gewinner des Goldenen Bären 2017 ist kalt präzise und warm zugewandt, emotional und schwarzhumorig, eine Liebesgeschichte zwischen zwei Angestellten in einem Schlachthof und eine Reflexion über die imaginativen Möglichkeiten des Kinos. (Alexander Scholz)