SHIRLEY: VISIONEN DER REALITÄT
Film-Nr.: 15338
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Genre: Kunst / Experimentalfilm
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SHIRLEY: VISIONEN DER REALITÄT

SHIRLEY: VISONS OF REALITY (Originaltitel)

SHIRLEY: DER MALER EDWARD HOPPER IN 13 BILDERN (Alternativtitel)

Österreich - 2013

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Gustav Deutsch
Darsteller: Stephanie Cumming, Christoph Bach, Florentín Groll, Elfriede Irrall, Tom Hanslmaier, Jeff Burrell
Drehbuch: Gustav Deutsch

Sprache: Englisch, Deutsch
Laufzeit: 93 Min.
Bildformat: 16:9
Tonformat: Dolby Digital 2.0, Dolby Digital 5.1

Selbst Kunstbanausen dürften mit Gemälden Edward Hoppers vertraut sein, die durch zahllose Reproduktionen für Bistros und Cafés schier unentrinnbar geworden sind. Aber auch auf der Leinwand hat der begeisterte Kinogänger unauslöschliche Spuren hinterlassen, am augenfälligsten vielleicht mit einzelnen Meisterwerken wie dem HOUSE BY THE RAILROAD - nachdem George Stevens sich für Deans letzten Film GIANT davon hatte inspirieren lassen, hat Hitchcock es mit PSYCHO zu einer eigenständigen Kino-Ikone gemacht; in Malicks DAYS OF HEAVEN taucht Hoppers Bild erneut fast unverändert auf? - oder dem vielleicht überhaupt berühmtesten Werk Hoppers, NIGHTHAWKS (dem etwa, sieht man von allen offensichtlichen Abwandlungen des Motivs gerade im Film noir einmal ab, ein Dario Argento in PROFONDO ROSSO, ein Herbert Ross in PENNIES FROM HEAVEN oder ein Wim Wenders in THE END OF VIOLENCE durch mehr oder weniger präzise Kopien ihre Aufwartung gemacht haben). Ein durchaus sinnvolles Unternehmen also, die Stimmung von Einsamkeit, Isolation, Entfremdung nicht nur in eine ansonsten freie Bildgestaltung einzubetten, wie dies vor allem bei Hitchcock, Antonioni und eben Wenders nachgewiesen werden kann, sondern aus den Gemälden selbst ein gestalterisches Prinzip, ja mehr noch: eine Art Plot zu gewinnen. Aus den dreizehn Bildern, die Gustav Deutsch ausgewählt hat, wird auf diese Weise einerseits eine Geschichte der Vereinigten Staaten angedeutet, durch die Chronologie der Werke den Zeitraum zwischen 1931 und 1963 abdeckend - sehr geschickt, wie Radionachrichten den Zuschauer die nötigen historischen Winke geben -, andererseits läßt die Tonspur einen eintauchen in die aus dem Off laut werdenen Gedanken von Shirley, der einzigen Hauptfigur des Films, die als Frau in den penibelst nachgebauten und betörend ausgeleuchteten Interieurs selbst objekthafte Züge annimmt und wie eine traumwandlerische Verwandte von Tilda Swintons Orlando Räume erkundet, die in ihrer sterilen Perfektion den Eindruck erwecken, einer Theateraufführung beizuwohnen oder auf ein Ensemble von Museumsexponaten zu schauen? Sicher nichts für jeden Geschmack, aber in Konzeption und Machart ausgesprochen kunstvoll und schön, als eigenwillige Rekonstruktion amerikanischer Mentalitätsgeschichte wirklich faszinierend! (Stefan Nottelmann)