ELFRIEDE JELINEK - DIE SPRACHE VON DER LEINE LASSEN
Film-Nr.: 17845
auf Facebook teilen
Genre: Dokumentarfilme
Genre: Portrait
zurück

ELFRIEDE JELINEK - DIE SPRACHE VON DER LEINE LASSEN

ELFRIEDE JELINEK - DIE SPRACHE VON DER LEINE LASSEN (Originaltitel)

Deutschland, Österreich - 2022

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Claudia Müller
Darsteller: Elfriede Jelinek, Sophie Rois, Stefanie Reinsperger, Maren Kroymann, Sandra Hüller, Martin Wuttke
Drehbuch: Claudia Müller

Sprache: Deutsch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Deutsch für Hörgeschädigte
Laufzeit: 96 Min.
Altersfreigabe FSK: ab 12 Jahre
Bildformat: 2.39:1
Tonformat: Dolby Digital 5.1

Journalistin und Regisseurin Claudia Müller gelingt es einer als unnahbar geltenden Schriftstellerin nahe zu kommen, ohne ihr zu nahe zu treten. Elfriede Jelinek, geboren 1946, zeichnet sich als öffentliche Figur früh durch Distanz aus, Distanz zu sich selbst, Distanz zum Publikum, Distanz in der Art, wie sie worüber schreibt. Ihr Schreiben ist inspiriert von der strukturalistischen Semiotik der Wiener Gruppe sowie von Roland Barthes. Ihre Texte sind Sprachzeichenkunstwerke, dabei auf Provokation, Konfrontation angelegt. Konstante Themen sind Österreichs nationalsozialistische Vergangenheit und Nachwirkung bis in die jüngere Gegenwart, Bild und Rolle der Frau im Patriarchat, insbesondere die männlich geprägte Rede über sie, Floskeln und Phrasen. Der Roman »Lust«, 1989 erschienen, war Jelineks meistverkauftes Werk, nämlich aufgrund des geradezu absurden Missverständnisses, es handle sich um etwas Pornografisches. Legendär der Verriss eines mit dieser Literaturästhetik überforderten Marcel Reich-Ranickis im TV-Format »Das Literarische Quartett«. Die Doku zeigt diese Szene, ohne sie zu kommentieren. Überhaupt kommentiert die Regisseurin wenig. Sie lässt frühe Fotos und Filmaufnahmen erzählen, und natürlich Jelinek selbst. 2004 Literaturnobelpreis. Jelineks Werk ist vielfältig. Romane, Dramen, Hörspiele, Drehbücher, Libretti, Lyrik. Dazu Essays und – Filmkritiken. »Gespensterfilme sind Berührungen, denn wir Zuschauer wollen ja, daß uns etwas geschieht, nicht daß wir nur einfach etwas anschauen.« Sie schreibt dies im Zusammenhang mit einem ihrer »Lieblingsfilme«, Herk Harveys CARNIVAL OF SOULS (1962). Treffend bemerkt zu einem solitär gelungenen »Gespensterfilm« wie diesem. Nicht anders gelungene Literatur. Denn wir Leser wollen nicht nur einfach etwas lesen, wir wollen, dass uns etwas geschieht, Berührungen. Das gelingt Jelineks mit ihrer Literatur, die in Österreich oft massiv polarisiert hat. Sarkastisch, zynisch, vulgär, obszön sei sie, verachte die heimische Kultur, störe den sozialen Frieden. Ja, was denn sonst sollte Kunst?! Das Gegenteil nennt man, mit Adorno zu reden, Affirmation. Radikal kontra-affirmativ zu sein, das zeichnet Elfriede Jelinek aus. Eine Unversöhnliche bis heute, der diese Doku hoffentlich neue, jüngere Leserinnen und Leser beschert. (RD)