NATIONAL GALLERY
Film-Nr.: 15043
auf Facebook teilen
Genre: Dokumentarfilme
Genre: Portrait
Genre: Kunst
zurück

NATIONAL GALLERY

NATIONAL GALLERY (Originaltitel)

Frankreich, USA, Grossbritannien - 2014

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Frederick Wiseman
Drehbuch: Frederick Wiseman

Sprache: Englisch
Untertitel: Deutsch
Laufzeit: 184 Min.
Bildformat: 1.85:1, anamorph
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Features: Trailershow

Frederick Wiseman, seit den späteren sechziger Jahren dabei, die U.S.-amerikanische Gesellschaft durch Porträts ihrer diversen Institutionen zu beleuchten - Schulen, Gefängnisse, Spitäler? -, wird schon seit Ewigkeiten als einer der bedeutendsten Filmdokumentaristen verehrt; Gelegenheiten, seine gut vierzig Filme auch irgendwo mal tatsächlich zu sehen, sind - zumindest für den deutschen Kinogänger und Fernsehgucker - leider nur selten dabei herausgesprungen: wer nicht auf Dokumentarfilm-Festivals unterwegs ist oder die raren Retrospektiven verpaßt, die ein kühner Entschluß auf die Beine gestellt hat, sieht sich mittlerweile selbst vom Öffentlich-Rechtlichen zunehmend enttäuscht und brauchte bislang auch vom DVD-Markt nüscht zu erwarten. (In den USA kümmert sich Wisemans eigener Vertrieb Zipporah Films darum, so gut wie alle seine Filme auf DVD verfügbar zu halten.) Umso schöner, mit NATIONAL GALLERY den jüngsten Ausflug Wisemans auf den alten Kontinent (nach LA DANSE: THE PARIS OPERA BALLET und CRAZY HORSE) auch hierzulande auf einem Silberling mit nachhause nehmen zu können, seine dreistündige Exkursion in das weltberühmte Kunstmuseum im Herzen Londons!
Wer durch den Reportage-Stil, wie er schon seit vielen Jahren aus gängigen Fernsehproduktionen auch in den Dokumentarfilm einsickert, an klare Fragestellungen, informative Mitteilungen und bloß illustrierende Funktion der Bilder gewöhnt ist, wird sich zunächst vermutlich schwer tun mit einer, wie es scheint, lediglich registrierenden, neugierig alle Eindrücke in sich aufnehmenden, niemals eingreifenden Beobachtung, die eher beiläufig die ausgestellten Kunstschätze zur Geltung kommen läßt und sehr viel mehr die Besucher, deren ganz unterschiedliches Minenspiel sie fasziniert, und die Mitarbeiter des Museums mit ihren unterschiedlichsten Aufgaben in den Fokus rückt, ohne daß ein durchgängiger Leitfaden erkennbar wäre. Angesichts der vielen ausgestellten Bildwerke, die ansonsten im Mittelpunkt stehen, wird bei Wiseman auffällig viel geredet: Museumsführer versuchen ihrem jeweiligen Publikum, die Gemälde der alten Meister näherzubringen, Restauratoren, deren akribischer Arbeit die Kamera mit spürbarem Respekt vor deren handwerklicher Finesse begegnet, erläutern ihr Vorgehen, die Museumsverwaltung berät sich über neue Marketing-Konzepte oder überlegt, wie auf geplante Budgetkürzungen zu reagieren sei. Wiseman versteht es dabei auf wirklich staunenswerte Weise, selber unsichtbar, ja fast wie unbemerkt zu bleiben, und wer sich auf den Film einzulassen versteht, wird mehr und mehr dem unmerklichen Bann verfallen, der von diesem ständigen Hintergrundrauschen und der ganz und gar alltäglichen Atmosphäre des Kunsttempelbetriebs ausgeht. In einigen wenigen Momenten gönnt Wiseman sich und den Zuschauern jene konzentrierte Stille, die den rein visuellen Kunstwerken angemessen scheint, oder spiegelt diese an anderen Kunstformen - einem Ballettstück für zwei Tänzer, einer Beethoven-Sonate -, um so die ungeheure Geschwätzigkeit des Ganzen erst recht in den Vordergrund zu rücken? Sehr subtil und ungeheuer reich an Eindrücken. - Wo bleibt die Wiseman-Box in der DVD-Reihe 'Die großen Dokumentaristen'? (Stefan Nottelmann)