THE DEAD
Film-Nr.: 14420
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Genre: Drama
Genre: Literatur
Genre: Literaturverfilmungen
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THE DEAD

THE DEAD (Originaltitel)

DIE TOTEN (Alternativtitel)

Grossbritannien - 1987

DVD - Code 2 - PAL

Regie: John Huston
Darsteller: Anjelica Huston, Donal McCann, Dan O'Herlihy, Donal Donnelly, Helena Carroll, Cathleen Delany, Ingrid Craigie
Drehbuch: Tony Huston, James Joyce

Sprache: Englisch, Deutsch
Laufzeit: 83 min.
Bildformat: 4:3 Vollbild

John Huston, 1987 an einer Lungenerkrankung gestorben, die ihn in seinen letzten Lebensjahren immer stärker einschränkte, hat die Uraufführung von THE DEAD schon nicht mehr miterleben können. Dem fertigen Film jedoch sieht man die Strapaze, die er für seinen Regisseur gewesen sein muß, in keiner Sekunde an; im Gegenteil: man müßte gut überlegen, wollte man eine andere Arbeit Hustons nennen, die ähnlich gelöst und unangestrengt daherkäme wie diese. Am ehesten wäre wohl an THE AFRICAN QUEEN zu denken?
Der Zuschauer wohnt einer Abendgesellschaft in Dublin am Dreikönigsfest 1904 bei. Die Gäste werden empfangen, man tanzt zum Auftakt der gemeinsamen Stunden, es gibt Vorträge von Gedichten und Klavierstücken, und bei Tisch setzt, während der Braten gereicht wird, eine muntere Konversation ein? - Viel mehr geschieht eigentlich nicht in diesem wunderbar leisen, leichten Film, der seine Figuren mit ungewöhnlicher Sanftmut und Warmherzigkeit behandelt, und doch ist es ein Genuß, den Gesprächen zu lauschen, die sich um die Opernwelt drehen oder die untergründigen Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten erkennen lassen, ohne daß das gesittete Miteinander dabei kompromittiert würde. (Auch die Aversion gegen England klingt en passant immer wieder an.) Fast hat man den Eindruck, als seien diese Menschen versammelt worden, um sich vor der irischen Kultur zu verbeugen, der eine tiefe Liebe zur Dichtung und zur Musik nachgesagt wird (THE DEAD basiert seinerseits auf einer der Novellen, die James Joyce in seinem DUBLINERS-Band zusammengestellt hatte), und so darf denn auch bei Huston - er selber übrigens wohl auch aus nachtragender Verbitterung über die Black List-Politik des Senators McCarthy Mitte der 60er Jahre zum irischen Staatsbürger geworden - einer der Gäste die anwesenden Damen mit dem Vortrag des alt-irischen Gedichts 'Donal Og' verzücken, die von der Liebe noch nie in so kühnen Bildern haben sprechen hören?
Ein sehr subtiler Film voller Musik, der schließlich doch noch eine überraschende Wendung nimmt, um mit dem gleichermaßen traurigen wie einverstandenen Sinnieren seines Hauptprotagonisten über die allgegenwärtige Vergänglichkeit auszuklingen; eine schöne Weise, als Regisseur aus dem Leben zu scheiden - und in gewisser Hinsicht ein winterlich-stilles Pendant zu James Ivorys sonnigem A ROOM WITH A VIEW, der zwei Jahre zuvor in die Kinos gekommen war. (Stefan Nottelmann)