VERSUS: THE LIFE AND FILMS OF KEN LOACH
Film-Nr.: 15456
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Genre: Dokumentarfilme
Genre: Portrait
Genre: Film
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VERSUS: THE LIFE AND FILMS OF KEN LOACH

VERSUS: THE LIFE AND FILMS OF KEN LOACH (Originaltitel)

Grossbritannien - 2016

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Louise Osmond
Darsteller: Ken Loach, Jim Allen, Lesley Ashton, David Bradley, Melvyn Bragg, Gabriel Byrne, Robert Carlyle

Sprache: Englisch
Untertitel: Englisch für Hörgeschädigte
Laufzeit: 93 Min.
Bildformat: 16:9
Tonformat: Dolby Digital 2.0, Dolby Digital 5.1
Features: Interviews, Q & A mit Ken lOach und Louise Osmond, Trailer, Bildergalerie

Mit dem Wissen um das Brexit-Votum (das ja erst möglich wurde - und dann auch unausweichlich -, weil Cameron entgegen aller Prognosen einen triumphalen Wahlerfolg für die Tories einfahren konnte) und die danach eruptiv ausbrechenden Debatten um Labour-Galionsfigur Jeremy Corbyn sieht man die Würdigung des eben noch in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichneten Altmeisters des britischen Sozialdramas - die zugleich gewiß eine Verbeugung und eine Ehrengabe fürs achtzig Jahre alt gewordene Geburtstagskind sein soll - mit noch einmal anderen Augen. Zwar macht neben manch sehr persönlicher, auch den Zuschauer bewegenden Erinnerung die (auch von den Interviewpartnern selbst) vielgerühmte enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Schauspielern ein wesentliches Interesse der Regisseurin aus, aber es ist doch der Rückblick auf zwei frühe, dem deutschen Publikum wohl weniger bekannte Arbeiten für die BBC, auf den Durchbruch mit KES (1969) und dann vor allem auf die für Loach sehr schwierigen Jahre während der Thatcher-Ära, der im Zusammenklang mit den zwar manierlich und freundlich formulierten, in der Sache aber unversöhnlichen Äußerungen des immer noch sehr lebendig und geistig hellwachen alten Mannes ein Licht auf eine politische Haltung wirft, die derjenigen Corbyns wohl nicht nur inhaltlich, sondern auch in der gesamten Attitüde sehr verwandt ist: prinzipientreu bis zur Sturheit, Politik als Kampf auch um die eigene moralische Integrität verstehend - sehr vergnüglich, daß die Doku zwei frühe Werbestreifen aufgetrieben hat, die dem überzeugten Linken noch heute zutiefst peinlich sind -, und in den Tories nicht einen politischen Konkurrenten, sondern den Gegner im Klassenkampf witternd. Geradezu kurios, wenn der Tonfall des ganzen Films aufs Ganze gesehen dennoch fast durchweg warmherzig, mindestens respektvoll bleibt - am Schönsten verdichtet vielleicht in der Einlassung Gabriel Byrnes? Und kein Zufall wohl, wenn mit der BBC und dem British Film Institute zwei Produzenten mit an Bord sind, die als einzig verbliebene Großinstitutionen öffentlich geförderter UK-Filmkultur einem Manne die Ehre erweisen, der wie wohl kaum ein zweiter Filmemacher im Königreich die Folgen neoliberaler Privatisierung gegeißelt hat. - Keine Mußestunde nur für Loach-Fans: Manches, was sich gerade auf der Insel abspielt, wird nach Louise Osmonds eindringlicher Hommage auch demjenigen sehr viel klarer, der Filme wie RIFF-RAFF, JUST A KISS oder THE WIND THAT SHAKES THE BARLEY noch nie gesehen hat.
(Stefan Nottelmann)