GLORIA
Film-Nr.: 14557
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Genre: Komödie
Genre: Drama
Genre: World Cinema
Genre: Romanze
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GLORIA

GLORIA (Originaltitel)

Spanien, Chile - 2013

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Sebastián Lelio
Darsteller: Paulina García, Sergio Hernández, Diego Fontecilla, Fabiola Zamora, Luz Jiménez, Alejandro Goic
Drehbuch: Sebastián Lelio, Gonzalo Maza

Sprache: Deutsch, Spanisch
Untertitel: Deutsch
Laufzeit: 104 Min.
Bildformat: 2.35:1, anamorph
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Features: Interview mit Sebastian Lelio, Behind the Scens Clips

Ganz, ganz langsam sickert ja selbst bis ins Kino durch, daß Menschen jenseits der Vierzig ein ebenso gutes Anrecht darauf haben, als Hauptfiguren einer Filmerzählung zu taugen, wie die Teens, Twens und Thirty-somethings, die üblicherweise das Augenfutter der Zuschauer abgeben. Die Erfolge bei Kritik und Publikum, die etwa Dresens WOLKE 9 (2008) oder Hanekes AMOUR (2012) erzielen konnten, haben dieser begrüßenswerten Tendenz sicherlich Auftrieb gegeben, und kein Zweifel, daß Sebastián Lelios GLORIA ein weiteres Ausrufezeichen in dieser Entwicklung ist. Gänzlich unspektakulär, ganz auf fein beobachtete Situationen und gänzlich unschematisch ausgedachte Charaktere reduziert, zeigt er die 58jährige Gloria, eine in ihrem Auftreten jung gebliebene, aber auch etwas unscheinbare Frau, die, wie man wohl sagen würde, mitten im Leben steht: sie geht einem Bürojob nach, hat einen überschaubaren, aber anscheinend doch sehr netten Freundeskreis und ist vom Gemüt her ohnehin eine lebens- und unternehmungslustige, aufgeschlossene Person. Aber das Alleinsein zehrt doch sehr an ihr - ihre Ehe ist schon vor zwölf Jahren geschieden worden; ihren beiden erwachsenen Kindern ist sie zwar durchaus willkommen, aber mehr als ein Gast in derer Leben ist sie mittlerweile eben auch nicht mehr. Und so taucht sie regelmäßig in einem Single-Club auf, um zu tanzen und zu flirten. Eines Abends mit vollem Erfolg: der etwas ältere Rodolfo, ein Mann mit leicht melancholischen Gesichtszügen, macht ihr Avancen, kann ihr, nachdem sie zueinander gefunden haben, mit einem Liebesgedicht gar Tränen in die Augen treiben?
Lelio hat seinen Film ganz um seine Titelfigur herum gebaut und konnte dabei mit Paulina García auf eine Darstellerin setzen, die sich ihre anspruchsvolle und in den Bettszenen sicherlich auch Mut erfordernde Rolle völlig anverwandelt hat und kaum zu 'spielen' scheint. (Ihr zu Seite ein gleichfalls rundum überzeugender Sergio Hernández als Rodolfo.) Ihr Lebenshunger spricht aus jeder Szene, nicht zuletzt aus ihrer Lust am Tanzen zu Disco-Klassikern wie Donna Summers I FEEL LOVE und der Freude am Mitsingen spanischer Feel good-Songs der Siebziger und Achtziger oder ihrem Verlangen nach Sex. Aber das klug balancierende Drehbuch, das für Gloria eine Reihe bitterer Enttäuschungen bereit hält, ohne jemals dramatisieren zu müssen, bettet seine Hauptprotagonistin ein in eine Vielzahl von Gruppenszenen - sei's beim Geburtstag ihres Sohnes, sei's auf der Hochzeitsfeier guter Bekannter -, die klar machen, daß ihre Einsamkeit auch daraus erwächst, beim Glück Anderer immer nur zuschauen zu können. Zum Ende des Films hin scheint sich dieses Muster zu wiederholen - bis Umberto Tozzis Evergreen GLORIA sie auf die Tanzfläche lockt?
Gerade in seiner Alltagsnähe und Normalität vielleicht bewegender und aufmunternder als die Gefühlsmanipulationen so vieler Charakterstudien und Liebesfilme - Filmmusik, die Stimmungen schafft, gibt es so gut wie keine - und gelegentlich mit tollen Einzelszenen (der Rachefeldzug mit dem Paintballgewehr). (Stefan Nottelmann)