AMERICAN HONEY
Film-Nr.: 15600
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Genre: Drama
Genre: Romanze
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AMERICAN HONEY

AMERICAN HONEY (Originaltitel)

USA, Grossbritannien - 2016

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Andrea Arnold
Darsteller: Sasha Lane, Shia LaBeouf, Riley Keough, McCaul Lombardi, Arielle Holmes, Crystal Ice
Drehbuch: Andrea Arnold

Sprache: Englisch, Deutsch, Polnisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Polnisch
Laufzeit: 157 Min.
Bildformat: 1.33:1
Tonformat: Dolby Digital 5.1

Umwerfendes Road Movie von einer der aufregendsten Regie-Begabungen der letzten zehn Jahre: AMERICAN HONEY heftet sich an die Fersen von Teenagerin Star (frisch von der Straße gecastet und eine echte Entdeckung: Sasha Lane), die ihrem trostlosen Trailer Park-Dasein in Oklahoma mit Kußhand Lebewohl sagt, als sie im Supermarkt auf ein gut gelauntes Trüppchen Gleichaltriger stößt, deren Anführer Jake (ein glänzend aufgelegter Shia LaBeouf) ihr sofort ins Auge fällt, aber auch seinerseits das hübsche Mädel nicht mehr aus den Augen läßt. Kurzentschlossen hängt sie sich an das White Trash-Rudel an, das unter Führung der abgezockten Freundin Jakes (sehr überzeugend: Riley Keough) als Drückerkolonne gen Norden durch den Mittleren Westen unterwegs ist, um Zeitungsabos zu verticken?
Zweieinhalb Stunden können lang werden, könnte man meinen, wenn man immer wieder nur die gleichen Verkaufstricks an der Tür, die Fahrten im Kleinbus, die Gesänge zu den Songs, die das Radio spielt (unter anderem eben das titelgebende Lied der Country-Band Lady Antebellum), zu sehen und zu hören bekommt; aber die lose Dramaturgie, die dem mäandernden Driften durch ein Amerika der kleinen Städte und weiten Landschaften geschuldet scheint, kann ungeheuer spontan auf plötzliche Stimmungsumbrüche reagieren - nicht selten hat man den Eindruck, daß die Kamera Glück hatte, eine im Nu aufkommende Party-Stimmung, eine rasch verfliegende Gefühlsregung mitbekommen zu haben - und schafft es nicht nur enorm lebendig zu bleiben, sondern trotz allen mitreißend-jugendlichen Ungestüms einen angenehmen Erzählfluß zu entwickeln, in dem die nachdenklichen Blicke durchs Fenster während der Ruhephasen im Bus und das gemeinsame Singen immer wichtiger werden: als ob die Rumtreiber-Bande - in Gesprächen meist eher Banales von sich gebend - erst in den Songzeilen zu ihrer Sprache findet?
Unmöglich, dabei nicht an KIDS und an SPRING BREAKERS zu denken, die sehr vergleichbare Erkundungen vorgenommen haben, gleichfalls der Momentaufnahme, der stimmungsvollen Impression verpflichtet gewesen sind. Aber die staunenerregende Kameraarbeit von Arnolds Stamm-Mitarbeiter Robbie Ryan verhilft dem britischen Blick auf die Staaten immer wieder mal zu einem leuchtenden Look, den man außer in Arnolds einmalig schroffer WUTHERING HEIGHTS-Interpretation und in Filmen, bei denen der ästhetisch wahlverwandte Adam Arkapaw durch die Linse guckte, nur sehr selten einmal zu Gesicht bekommt. Und musikalisch dürfte es kaum einen Film geben - TANGERINE L.A. mal ausgenommen -, der mit seinem bunten Strauß von Trap Music bis Country & Western dermaßen aktuell klingt, so sehr mit den Ohren eines Fans (und nicht dem Geschmack eines Top 10-Listen-Compilers) gehört ist? - Würde man das EASY RIDER-Feeling über Larry Clarks 70er-Fotoband TULSA bis in die Gegenwart hinein verlängern, man käme wohl bei AMERICAN HONEY an. Wärmstens empfohlen - und gute Gelegenheit, Uwe Friessners eindrucksoll realistischen DIE DRÜCKER hervorzukramen, der von ganz ähnlichen Zuständen zu berichten wußte! (Stefan Nottelmann)