DIE SPRACHE DES HERZENS
Film-Nr.: 15036
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Genre: Drama
Genre: Biopic (Portraits)
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DIE SPRACHE DES HERZENS

MARIE HEURTIN (Originaltitel)

Frankreich - 2014

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Jean-Pierre Améris
Darsteller: Isabelle Carré, Ariana Rivoire, Brigitte Catillon, Noémie Churlet, Gilles Treton, Laure Duthilleul
Drehbuch: Jean-Pierre Améris, Philippe Blasband

Sprache: Deutsch, Französisch
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte
Laufzeit: 90 Min.
Bildformat: 1.85:1, anamorph
Tonformat: Dolby Digital 5.1

DER WIDERSPENSTIGEN ZÄHMUNG in der französischen Provinz Ende des 19. Jahrhunderts: Die Eltern sind mit ihrer Tochter Marie Heurtin überfordert - sie wissen sich keinen Zugang zu dem blind, taub und stumm geborenen Mädchen zu verschaffen, das die Welt nur noch über den Tastsinn wahrnimmt. Selbst die Oberin eines auf die Pflege Gehörloser spezialisierten Klosters wehrt sich zunächst gegen die Aufnahme des störrischen Wildfangs, gibt aber schließlich dem Drängen der jungen Nonne Marguérite nach, die sich als Einzige an die schwierige Aufgabe heranwagt, dem völlig verwahrlosten Menschenkind über Gebärdensprache näherzukommen?
Das Kino kennt seit Arthur Penns MIRACLE WORKER oder Herzogs LAND DES SCHWEIGENS UND DER DUNKELHEIT natürlich zahlreiche ähnlich gelagerte Filme, ob nun dokumentarisch oder als abendfüllende Unterhaltung angelegt, und mehr noch als das eingeschränkte, in die Isolation abdrängende Sinnenleben legt sich das Kaspar Hauser-Motiv vom verwilderten Menschen nahe, den geduldige Fürsorge nach und nach in ein zivilisiertes Miteinander mit Anderen zurückführt. NELL mit Jodie Foster in der Titelrolle hat die Kinokassen wohl am häufigsten klingeln lassen, aber den eigentlichen Vergleichspunkt für den wunderbar frischen Film von Jean-Pierre Améris liefert sicherlich Truffauts L'ENFANT SAUVAGE über den 'Wilden von Aveyron', den der berühmte Professor Itard zum Gegenstand pädagogischer Studien macht. Und genau hier setzt sich MARIE HEURTIN trotz einer gar nicht mal so anders verfahrenden Inszenierung vom so berühmten Werk des Meisterregisseurs, sich seinerseits auf historische Begebenheiten berufend, ab: das zunächst sehr schwierige Verhältnis der sich mit großem Eifer an die Aufgabe machenden Nonne zur abwehrenden Marie ist erkennbar kein wissenschaftliches Experiment, auch nicht auf aufkeimende romantische Gefühle gegründet (wie etwa in NELL), sondern tatsächlich ein Werk der Nächstenliebe, das nach und nach Züge mütterlicher Behutsamkeit annimmt. Mit welchem Glück diese viel Langmut und zähe Geduld erfordernde Zuwendung die junge Frau beschenkt, die das eigentliche Zentrum des lichten und wohltuend ruhig inszenierten Filmes ist, wird dank des leuchtenden Spiels von Isabelle Carré auch für den Zuschauer erfahrbar, zumal die Chemie zwischen Carré und Ariana Rivoire (als ungestümer Marie) in ungewöhnlichem Maße zu stimmen scheint? Thematisch vielleicht nichts Neues, aber doch - auch dank nur sparsam eingesetzter Filmmusik - ungemein feinfühlig und anrührend. (Stefan Nottelmann)