LINCOLN
Film-Nr.: 14251
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Genre: Drama
Genre: Historie / Kostüm
Genre: Biopic (Portraits)
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LINCOLN

LINCOLN (Originaltitel)

USA - 2012

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Steven Spielberg
Darsteller: Daniel Day-Lewis, Sally Field, David Strathairn, Joseph Gordon-Levitt, James Spader, Hal Holbrook
Drehbuch: Tony Kushner

Sprache: Englisch, Deutsch, Französisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch, Französisch
Laufzeit: 144 Min.
Bildformat: anamorph, 2.40:1
Tonformat: Dolby Digital 5.1

Einen Film über den berühmten sechzehnten Präsidenten der Vereinigten Staaten schlicht und einfach LINCOLN zu betiteln, könnte die Erwartung einer Leinwandbiographie wecken. Aber weniger noch als andere Annäherungen an eine der bedeutendsten politischen Gestalten der U.S.-Geschichte versucht Steven Spielberg mit seinem jüngsten Werk ein Leben nachzuerzählen. Vielmehr wird versucht, einen Menschen darüber zu charakterisieren, wie er sich an einem historischen Wendepunkt verhalten hat: Es geht um die Durchsetzung eines Zusatzes zur amerikanischen Verfassung, mit dem Lincoln die Sklaverei ein für allemal verbieten will. Es verwundert daher nicht, daß der Akzent des Drehbuchs gänzlich auf den zahlreichen Gesprächen Lincolns mit Beratern und Mitstreitern und auf den Debatten im Repräsentantenhaus liegt. Pulitzer-Preisträger Tony Kushner (ANGELS IN AMERICA) hat es hervorragend verstanden, die diversen Interessen zur Sprache zu bringen und auch das Ringen Abe Lincolns um die richtige Entscheidung zur treibenden Kraft der Filmerzählung zu machen: Ist die Abschaffung der Sklaverei ein Bekenntnis zur Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz, oder waren die entsprechenden Bemühungen nur Kriegstaktik gegen die aufständischen Südstaaten und haben deshalb zurückzutreten, wenn sich ein Friedensschluß mit ihnen anbahnt, der die fürchterlichen Kriegsgreuel endlich stoppt? - Daniel Day-Lewis in einer weiteren über jeden Zweifel erhabenen Darbietung gibt den Präsidenten als ruhigen, besonnenen und klugen Mann, dessen stets mit Bedacht eingesetzter Witz manch angespannte Situation entschärfen hilft, aber in seinem Hintersinn auch die unzureichende Logik seiner Diskussionsgegner bloßlegt - ein Charakterzug, den das Drehbuch gerade im Vergleich zum radikalen Republikaner Thaddeus Stevens herausarbeitet: Tommy Lee Jones zeigt ihn als stillen, auch wohl verbitterten Vorkämpfer für die Sklavenbefreiung, der - wie Lincoln ein begabter Rhetoriker - durch ätzend scharfen und herausgedonnerten Humor die Mittelmäßigkeit seiner Gegner geißelt?
In der äußersten Sorgfalt, mit der man sich merklich um historische Korrektheit bemüht hat, beeindruckend, vereint LINCOLN alle jene Qualitäten, die man an Spielbergs politisch ambitionierten Projekten immer wieder feststellen kann: den anrührenden Appell an die humanistische Gesinnung des Zuschauers wie die Fähigkeit zum Pathos angesichts historisch bedeutsamer Situationen. Auf allen wesentlichen Positionen mit langjährigen Spielberg-Mitarbeitern wie Janusz Kaminski (Kamera), Michael Kahn (Schnitt) und John Williams (Musik) besetzt, ist LINCOLN handwerklich äußerst solide, in der Ausstattung herausragende Hollywood-Unterhaltung, ästhetisch allerdings ein weiteres Beispiel für den kreativen Stillstand der großen Studios und den Wunsch der Vereinigten Staaten, sich selbst für ihre Emanzipationsbemühungen auf die Schultern zu klopfen. (Stefan Nottelmann)