TANGERINE L.A.
Film-Nr.: 15543
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Genre: Komödie
Genre: Crime
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TANGERINE L.A.

TANGERINE (Originaltitel)

USA - 2015

DVD - Code 2 - PAL

Regie: Sean Baker
Darsteller: Kitana Kiki Rodriguez, Mya Taylor, Mickey O'Hagan, James Ransone, Alla Tumanian
Drehbuch: Sean Baker, Chris Bergoch

Sprache: Englisch
Untertitel: Deutsch
Laufzeit: 87 Min.
Bildformat: 2.35:1, anamorph
Tonformat: Dolby Digital 5.1

Holla! Plotmäßig ist alles noch bequem überschaubar: eine Prostituierte erfährt von einer Freundin, daß ihr Zuhälter sie während ihres einmonatigen Gefängnisaufenthalts mit einer Kollegin betrogen hat; sie macht sich auf, um die beiden zur Rede zu stellen? Ein klassisches Eifersuchtsdramolett; so weit nichts Neues. Einen gewaltigen Schritt in Richtung Nische macht Regisseur Sean Baker mit der Entscheidung, seine Protagonisten auf dem Transsexuellen-Strich von L.A. anzusiedeln; für Empörung sorgt bei Sin-Dee Rella nicht nur die Eröffnung betrogen worden zu sein, sondern anscheinend auch noch gegen eine ganz normale Frau den Kürzeren gezogen zu haben! - Aber auch das könnte man als guter Liberaler noch mit einem achselzuckenden 'So what?' müde weglächeln. Was einen tatsächlich aus den Sitzen haut, ist die gegen jeden Strich gebürstete Machart des Ganzen: Gedreht wurde auf Smartphones, die mit Hilfe spezieller Apps eine Art Breitwand-Look erzeugen können - was zu Dogma-Zeiten mit Wackeloptik dokumentarische Nähe bezeugen sollte, bekommt hier einen mitreißenden Drive, der durch rasante Schnittarbeit nochmal einen Zahn zulegt; und an den Farbfiltern wurde anscheinend so lange herumgespielt, bis sich gerade die Palette zwischen Rot und Gelb förmlich in die Augen frißt. Aber auch die Darsteller - dem Vernehmen nach auf der Straße aufgegabelt und der eigentliche Motor des Films - sind so umwerfend souverän in ihrem ganz selbstverständlich auf Performance angelegten Gehabe, daß man aus dem Grinsen nicht mehr herauskommt. Auch musikalisch trifft Sean Baker ins Schwarze: die Clubsounds, die einem Soundcloud, bandcamp oder YouTube aus der Ballroom- und Vogueing-Szene anspülen, passen perfekt zum Auftreten seiner Transgender-Helden und machen wie nur Weniges sonst ohrenfällig, daß man tatsächlich im 21. Jahrhundert angekommen ist? Um Vergleichbares zu nennen, könnte man vielleicht an die Subkultur-Sensibilitäten eines Larry Clark (KIDS) denken; aber wirklich ähnlich dürfte wohl nur Jonas Åkerlunds großartiger SPUN mit seiner unglaublichen Schnittrate und einem gleichfalls extrem künstlichen Look gewesen sein. Und natürlich lädt TANGERINE L.A. dazu ein, mal wieder PARIS IS BURNING hervorzukramen oder einen Blick auf dessen noch ofenwarmes Update KIKI von Sara Jordenö zu werfen?(Stefan Nottelmann)