WHO IS HARRY NILSSON  (AND WHY IS EVERYBODY TALKIN' ABOUT HIM) ?
Film-Nr.: 12848
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Genre: Dokumentarfilme
Genre: Musik
Genre: Portrait
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WHO IS HARRY NILSSON (AND WHY IS EVERYBODY TALKIN' ABOUT HIM) ?

WHO IS HARRY NILSSON (AND WHY IS EVERYBODY TALKIN' ABOUT HIM) ? (Originaltitel)

USA - 2010

DVD - Code 0 - NTSC

Regie: John Scheinfeld
Darsteller: Ray Cooper, Dustin Hoffman, Jon Voight, Terry Gilliam, Robin Williams, Micky Dolenz, Eric Idle, Al Kooper, Yoko Ono, Ringo Starr, Randy Newman, Van Dyke Parks
Drehbuch: John Scheinfeld
Musik: Harry Nilsson

Sprache: Englisch
Laufzeit: 116 Min.
Bildformat: 4:3 Vollbild
Features: 97 Minuten Bonusmaterial: Interviews, Musikvideo LONELINESS mit Einführung von Yoko Ono, entfernte Szenen

(John Scheinfeld) USA-2010. Nach vier Jahren Wartezeit endlich auch für die kommerzielle Auswertung freigegebene Dokumentation über Harry Nilsson, einen der besten Musiker der Sechziger und Siebziger, dessen Leben ebenso faszinierend war wie sein Werk. Wohl jeder kennt seine beiden größten Hits ?Without You? und ?Everybody´s Talkin´?, wobei ausgerechnet diese Stücke tragischerweise beides Coverversionen waren, auch wenn sie die Originale von Badfinger und Fred Neil weit übertrafen - ein Umstand, der Nilsson stets wurmte, war er doch selbst einer der besten Songschreiber seiner Generation. Nur dass mit seinen Stücken bloß andere Künstler Hits einfuhren, die Monkees etwa mit ?Cuddly Toy? oder Three Dog Night mit ?One?, einem Klassiker, den die meisten heute sicher eher in Aimee Manns feiner Interpretation aus MAGNOLIA kennen. Überhaupt haben sich Filmemacher reichlich bei Harry bedient. RESERVOIR DOGS endet mit seinem ?Coconut?, das Finale von GOODFELLAS nimmt mit dem pumpenden ?Jump Into The Fire?-Bass Fahrt auf, ?Without You? begleitet in THE RULES OF ATTRACTION eine Studentin in eine andere Welt, und in PUNCH-DRUNK LOVE wurde sein von Shelley Duvall gejauchztes ?He Needs Me? aus POPEYE zu neuen Ehren gebracht. Was passt, war es doch der Einsatz von ?Everybody´s Talkin´? in MIDNIGHT COWBOY, der Harry endlich den Durchbruch bescherte. Nicht dass er nicht vorher schon Aufsehen erregt hätte. Zu seinen ersten Fans gehörten etwa die Beatles, die ihn als ihre amerikanische Lieblingsband bezeichneten. Was so witzig wie wahr ist, da Harry auf seinen ersten Platten mittels Multitracking als sein eigener Backgroundchor fungierte und mit seiner Dreieinhalb-Oktaven-Stimme wahre Wunder vollbrachte. Der Erfolg brachte bei Harry aber auch andere Seiten seiner Persönlichkeit zum Vorschein: aus ärmsten Verhältnissen stammend, genoss er Reichtum und Ruhm nun in vollen Zügen, zog mit John Lennon um die Häuser und konnte binnen Sekunden vom freundlichen Kumpel zum fiesen Aggressor werden, was auch die hier versammelte Prominenz gerne bestätigt. ?Harry was a big bunny with really sharp teeth.? merkt etwa sein Songwriter-Kollege Paul Williams an, und Micky Dolenz von den Monkees erinnert sich daran, wie er mit Harry in L.A. essen ging und zwei Tage später in einem Massagesalon in Phoenix alleine wieder zu sich kam. Auch sein Ego wurde schnell zum Problem, als er wichtige Mitstreiter eiskalt abservierte (Rick Jarrard, dem Produzenten seiner ersten Alben, ist der Schmerz heute noch anzusehen) oder berechtigte Kritik einfach ignorierte. Hinzu kam, dass er sich bei den Aufnahmen zum von John Lennon produzierten ?Pussy Cats? schließlich durch Schrei- und Alkoholexzesse die Stimme dauerhaft ruinierte und ungeschminkte Texte wie ?You´re breaking my heart, you´re tearing it apart - so fuck you!? auf ein unvorbereitetes Amerika losließ. Und obwohl der auch hier vermittelte Eindruck, seine späten Alben seien allesamt gescheitert oder Nebenwerke, trügt (wer daran zweifelt, möge sich meisterliche Songs wie ?Salmon Falls? oder ?Cheek To Cheek? anhören), stimmt es doch, dass Harry nach dem Karriereknick von ?Son Of Schmilsson? kommerziell nie wieder richtig auf die Beine kam und schließlich von RCA dafür bezahlt wurde, keine weiteren Platten mehr für das Label aufzunehmen - eine größere Schmach ist für einen Künstler kaum vorstellbar. Erfreulicherweise gelingt es Regisseur Scheinfeld in seiner Dokumentation, alle Facetten dieses Mannes einzufangen, das Licht wie den Schatten, auch dank einer beeindruckenden Riege von Freunden und Weggefährten Harrys (darunter Eric Idle, Terry Gilliam, Van Dyke Parks, Yoko Ono und Randy Newman), die jede Menge schillernder Anekdoten bereithalten (im Bonusmaterial finden sich weitere zwei Stunden, die sich definitiv zu durchforsten lohnt, und sei es nur für Harrys memorables Gastspiel als Holzfäller beim Liveauftritt von Monty Python). Und, vielleicht das wichtigste in seinem Film: Harrys Musik! Siebzig seiner Stücke sind eingearbeitet (teils sogar als Filmmusik, da man auf die Originalbänder Zugriff hatte und so Musik und Stimme trennen konnte) und vermitteln einen Eindruck von der Qualität und Bandbreite seines Schaffens. Genau diese Musik war übrigens auch der Grund, wieso der Film vier Jahre lang allenfalls auf Festivals zu sehen war: das Sony-Management verlangte horrende Tantiemen, die die Filmemacher einfach nicht zahlen konnten. Erst als der Musikgigant eine neue Führung bekam, zeigte die den richtigen Instinkt und wahre Größe, indem sie begriff, welche Werbung der Film für Harrys Musik darstellt, worauf sie Scheinfeld & Co die Rechte gratis überließen, so dass man ihn sich jetzt endlich ansehen kann. Und wer dabei auf den Geschmack kommen sollte, dem seien hier zumindest noch Harrys Höhepunkte ?Aerial Ballet?, ?Harry?, ?Nilsson Schmilsson?, ?Duit On Mon Dei? und ?Flash Harry? ans Herz gelegt.